Montag, 30. Oktober 2017

BLOGSchrift | Ausgabe 6. | REFORMATIONSTAG

Eine Reise in die Zeit der Reformation - oder echt krass, ein Feiertag mehr
Cat - Es ist Sommer und es ist warm. Allerdings eher so ein typischer Sommer in Deutschland und von daher mehr so lau. Das ist auch gut, denn dieses Jahr ist der 500. Jahrestag der Reformation und ich habe beschlossen, wenn ich schon einen Feiertag geschenkt bekomme, auf Luthers Spuren zu wandeln. So stehe ich nun in Eisenach in Thüringen am Fuße eines für mich gigantisch anmutenden Hügels und schaue hinauf. Aha, da oben soll also die berühmte Wartburg sein. Kein Problem, den Shuttleservice nach oben lehne ich kategorisch ab und mache mich zu Fuß auf den Weg zum Gipfel. Nach etwa 200 Metern bin ich froh, dass der Sommer in Deutschland zuverlässig ist und mich vor einem Hitzekollaps bewahrt.

Zwischendurch kommen mir mitten im Halbdüsterwald einige fröhliche Burgbesucher entgegen. Also weitermachen, es lohnt sich offensichtlich bis nach oben. Auf halber Strecke ist eine Station, die für den Aufstieg Esel vermietet, für diejenigen die es offensichtlich bereuen, den Shuttleservice abgelehnt zu haben. Kurz überlege ich und bin versucht meinen Weg in Begleitung eines Esels fortzusetzen, finde es jedoch gemein, diese kleinen Langohrpferde für mich ackern zu lassen und trotte alleine weiter.

Oben angekommen fühle ich mich wie der Reinhold Messner des Thüringer Waldes und schaue die Leute, die aus dem Shuttle steigen abschätzig an. Ehrfürchtig stehe ich vor dem historischen Gemäuer und kann es kaum fassen, an einem dermaßen geschichtsträchtigen Ort zu sein. Ganz langsam bewege ich mich in die Burg hinein. Am Eingang steht eine altertümliche Druckpresse, für einen Euro kann man sich hier ein Bild der Wartburg drucken lassen. Und genau das will ich, aber nicht jetzt. Zuerst die Lutherausstellung, denn es ist zu überprüfen, ob ich es nicht eventuell bereuen muss, Geschichte als Leistungskurs belegt zu haben. Also kaufe ich mir ein Ticket für die Sonderausstellung über Luther, bekomme einen Audioguide in die Hand gedrückt und warte ungeduldig darauf eingelassen zu werden. 

Die Wartburg ist genauso, wie man sich eine richtige Burg vorstellt. Im Innenhof befindet sich der Nachbau des Reisewagens, der Luther damals auf die Wartburg brachte, als er von seinem Retter Friedrich dem Weisen von Sachsen entführt worden ist, da er nach dem Wormser Reichstag 1521als geächtet galt und zusätzlich unter Kirchenbann stand. Zu seinem Schutz ließ ihn Friedrich auf die Wartburg bringen. Knapp ein Jahr versteckte sich der Reformator unter dem Decknamen „Junker Jörg“ vor seinen Widersachern und übersetzte hier das Neue Testament in die deutsche Sprache. Alle Stationen Luthers Lebens werden sehr detailliert und anschaulich dargestellt und die Kulisse trägt ihr Übriges dazu bei. Die Ausstellung ist in drei große Themenbereiche unterteilt, die sich im ersten Teil mit den Lebensumständen im 1500 Jahrhundert und Luther als Symbolfigur befasst. Im Zweiten Teil werden die kultur- und geisteswissenschaftlichen Folgen von Luthers Lehre veranschaulicht. Die politische Instrumentalisierung der Reformation und Martin Luthers ist das Thema des dritten Ausstellungskapitels. So arbeite ich mich durch die gesamte Burg und bekomme aus meinen Audioguide exakt die Geschichte zu hören, die wir auch im Geschichtsunterricht besprochen haben. Sehr zufrieden über die Ausstellung und die Wahl meines Leistungskurses nähere ich mich dem Ende der Ausstellung, die in Luthers Stube endet. In dieser Stube, so lautet eine Sage, ist Luther der Teufel begegnet und ein Fleck an der Wand scheint der Beweis, dass der Reformator nach ihm angeblich mit seinem Tintenfass geworfen hat. Ein schöner Gedanke, der mich zurück auf den Burginnenhof begleitet. Hier genieße ich noch einen Moment die herrliche Aussicht über die beeindruckende Landschaft Thüringens und mache mich dann anschließend für den Abstieg bereit. Dabei komme ich an einem Taubenschlag vorbei und an der ruhenden Druckerpresse, die für heute ihren Dienst getan hat. Hämisch grinst sie mich an und scheint zu sagen: „Aber nicht jetzt, vielleicht beim nächsten Mal.“ „Schade“, denke ich und mache mich auf den Heimweg. Diesmal kommt mir niemand entgegen und auch die Esel haben ihren Arbeitstag hinter sich gebracht. Als ich auf die Uhr schaue wird mir bewusst, wie viele Stunden ich in der Wartburg verbracht habe… und, dass es sich gelohnt hat.

In Gedanken an Martin Luther und sein Lebenswerk versunken, denke ich über den zusätzlichen Feiertag nach, und ob die Menschen diesen heute überhaupt annehmen sollten? Denn glaubt ihr, dass es stimmt, dass wir nach Luthers Vorbild leben? Wo bleibt in Zeiten der großen Flüchtlingsströme die Nächstenliebe? Was tut ihr persönlich um den Klimawandel einzudämmen? Gibt es heutzutage überhaupt noch Menschen wie Luther, die für ihre Visionen kämpfen, oder werden die für ihre Ansichten zum Arzt geschickt? Wovon träumt ihr für euch selbst und für die Welt?







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Von Geistern und Gänsebraten 

ksj - Ach, der Oktober. Was für eine Zeit! Wenn morgens Nebelschwaden die Dämmerung durchwabern, der Mantelkragen höher geklappt wird und selbst der geliebte Morgenkaffee durch eine Kanne Tee ersetzt wird. Fast möchte man sich schon in der Kuscheldecke für den Winterschlaf einrollen- doch halt! Was schreckt einen so schrill aus der Sofastarre? Ein Halloween-Geist auf der Suche nach Süssem oder Saurem. Kleine Gespenster unter Bettlaken, putzige Hexen mit Besen oder Vampire mit spitzen Zähnen halten mir alljährlich ihre Tüten und Eimerchen entgegen und ich denke: Müssen wir denn jeden Quatsch aus Amerika mitmachen? Dann aber fällt mir auf: die Amerikaner haben Halloween ja gar nicht erfunden. Nur etwas weiterentwickelt - unter Zuhilfenahme der Süssigkeitenindustrie, zugegeben. Aber ganz ursprünglich stammt das Fest aus Irland. Der Abend vor Allerheiligen - der All Hallowsˋ Eve - ist der Namensstifter von Halloween, geht aber selbst auf das keltische Fest Samhain zurück. Die Kelten wiederum glaubten daran, dass die Nacht, die zwischen der Herbst-Tag- und Nachtgleiche und der Wintersonnenwende liegt, eine besonderen Nacht ist. Dann nämlich, wenn die dunklere 
Hälfte des Jahres beginnt, lüftet sich der Schleier zwischen dieser und der nächsten Welt. Die Verstorbenen sowie Kobolde, Elfen und andere Wesen der Zwischenwelt kommen in das Diesseits. Den Verstorbenen, die ihre Familien besuchen, wird ein Gastmahl vorbereitet. Um die anderen Wesen milde zu stimmen und um dafür zu bitten, dass Mensch und Vieh den Winter überstehen, werden Speis und Trank vor der Tür dargeboten. Selbst Verkleidungen waren damals wie heute Bestandteil des Samhain-Festes. Schließlich dürfen Kobolde und Elfen die Menschen nicht erkennen, sonst entführen sie sie in die Anderwelt. Wer sich nicht verkleidet, sollte das Haus lieber nicht verlassen. 
Na, da hab ich ja die beste Ausrede, um es mir zu Hause so richtig gemütlich zu machen. Allerdings- ein Event steht im November noch an, bei dem das Haus zu verlassen angeraten wird. Der Laternenumzug zum Sankt-Martins-Tag. Wie sich die Kinder freuen, mit ihrer selbst gebastelten Laterne durch die Dunkelheit zu spazieren, Lieder zu singen und die oben leuchtenden Sterne zu bewundern! Rabimmel Rabammel Rabumm. Was für uns Erwachsene aber eigentlich noch schöner ist: Die Zeit der fetten Gänsebraten beginnt. Auch hier profitieren wir von alten Sitten und Gebräuchen. Denn nicht alles Vieh konnte über den Winter gebracht werden, weshalb noch einmal geschlachtet wurde. Zudem galt die Zeit vor Weihnachten in der orthodoxen Kirche als Fastenzeit, sodass am Sankt-Martinstag noch einmal herzhaft weggeschlemmt wurde, was nicht zum Fasten passt: Gänsebraten, Schmalz, Eier. Wer es ein bisschen romantischer mag, dem sei die Geschichte vom Heiligen Martin erzählt. Dieser habe - so eine von vielen Legenden - aus lauter Bescheidenheit die Bischofswürde gar nicht annehmen wollen und sich daher in einem Gänsestall versteckt. Die Gänse aber schnatterten so laut, dass er gefunden und schließlich zum Bischof geweiht wurde. 
Auch wenn es viele heutzutage nicht mehr so mit der Kirche haben- die Schlemmerei genießen wir doch ganz besonders gern. Und schon habe ich den Duft von Braten, Knödeln und Rotkohl in der Nase. Und dabei fällt mir wie zufällig ein: bald schon ist Weihnachtszeit, fröhliche Zeit....